Smartphone-Turbulenzen

Wenn telefonieren sehr anstrengend ist…

Telefonieren ist durch meine Schwerhörigkeit bedingt immer noch extrem anstrengend. Erst Jahre später ist mir rückblickend ein Hörsturz bewusst geworden. Das war nach einem längeren, beruflichen Telefonat, sehr dringlicher Inhalt. Ich musste den externen Hörverstärker des Festnetztelefons auf der Arbeit sehr laut stellen, damit ich überhaupt was verstehen konnte. Ich war anschließend u.a. auch bei gleich 3 HNO-Ärzten, habe allen diesen Vorfall erzählt. Niemand kam auf die Idee, dass es ein Hörsturz war. Danach habe ich nur noch über Smartphone telefoniert. Aber eben immer über ein Ohr, nicht über beide, was viel einfacher und angenehmer gewesen wäre.

Neue Hörgeräte- über Bluetooth telefonieren

Nun stand ein neues Hörgerät an. Da war mir wichtig, dass es in jedem Fall Bluetooth hat, damit ich direkt und ohne weiteres Zubehör wie Hörgerätestreamer telefonieren kann. Die erste erfreuliche Feststellung: Die Hörgerätetechnik hat sich in den letzten 6 Jahren wirklich super weiterentwickelt.

Ich habe vier Hörgeräte getestet, alle vier Geräten waren in der Lage, Sprache und Umweltgeräusche besser auseinander zu halten. Das Hören ist dadurch natürlicher und ich verstehe Sprache Lichtjahre besser, selbst in eher geräuschvollen Umgebungen. Alle vier Geräte hatten Bluetooth und ließen sich mit meinen Einsteiger-Android Smartphone koppeln, überwiegend über einen speziellen Einstellungsmodus für Hörgeräte in den Bedienungshilfen. Als Fernbedienung über eine App funktionierten ebf. alle vier Geräte. Kein Gefummel an den kleinen Hörgeräten beim Umschalten auf ein anderes Hörprogramm oder dem Verändern der Lautstärke. Sehr angenehm, gerade unterwegs. Aber dann begann das Problem.

Das Android-Drama

Das Telefonieren über Bluetooth mit den Hörgeräten war extrem schwierig bis unkomfortabel und unmöglich. Mal hörte ich nur über das rechte Ohr, mal über das linke, mal wanderte es von links nach rechts oder umgekehrt usw. usw. usw. Sehr ärgerlich.

Beim dritten Hörgerät (für welches ich mich auch entschieden habe), hatte der Hersteller eine Kompatibilitätsliste und die war erhellend: Wirklich kompatibel im Sinne von barrierefrei sind Android-Smartphones nur in den seltensten Fällen, zumindest dann, wenn man damit telefonieren will (oder Musikhören oder Streamen – geht ebf. nicht richtig). Gerade mal die teuersten Premium-Smartphones von Samsung waren kompatibel. Für alle anderen Android-Geräte wäre eine Art Adapter oder Zusatzgerät notwendig. Kosten: rund 200€. Oh je…

Jetzt hatte ich mir das Android-Gerät so prima eingerichtet. Keine Google-Cloud, alle Google-Apps durch Alternativen aus anderen Appstores ersetzt, alles prima – und dann das: Telefonieren mit Hörgeräten über Bluetooth geht nicht bzw. es würde sehr teuer. Was tun?

Also dann doch wieder ein Apfelphone. Gebrauchtgerät von 2022 vom Händler für 199€. Apfelphones sind dann auch tatsächlich hörgerätekompatibel und was Barrierefreiheit angeht, einfach Lichtjahre besser. Aber bei der Appauswahl finde ich sie restriktiver, weniger Freiheiten. Beim Datenschutz muss man letztlich genauso aufpassen. Ich checke immer jede Einstellung auf Datenschutz, nutze keine Cloud, alternative Apps zu den Apfel-Apps gibts, aber deutlich weniger. Aber: Telefonieren funktioniert damit aber auch mit Hörgeräten absolut problemlos.

Apfeldroid

Nun habe ich also 2 Smartphones. Sozusagen Apfeldroid 😂 Ok, ein Reservegerät für Notfälle ist nicht falsch (ich habe kein Festnetzanschluss), außerdem lässt sich das Androidgerät ganz gut als Ebook-Reader-Ersatz und Minitablet nutzen.

Verrückt ist es trotzdem, da wird überall über KI und weiß ich was geredet und sowas gewöhnliches, wie ein Android-Phone mit Hörgeräten zum Telefonieren tatsächlich barrierefrei nutzen, geht gar nicht bzw. mit Zusatzgerät oder mit einem teuren Smartphone einer einzigen Marke.

Für mich ist es aber eh keine Digitalreligion, ob ich nun dieses oder jenes oder eben beide Betriebssysteme nutze. Die Zweckmäßigkeit geht vor und ein Smartphone ist eben immer noch ein Telefon zum Telefonieren. Das Apfelgerät ist mit 4,7 Zoll erfreulicherweise angenehm klein und passt unterwegs prima in die Hosentasche. Ich hänge mir Smartphones eh nicht um den Hals, ich muss es auch nicht ständig in der Hand halten, schon gar nicht permanent darauf rum klicken.

Angenehmer Nebeneffekt also, ärgerlich ist aber trotzdem, dass diese Android-Einschränkungen ein wenig von digitalem Steinzeitalter haben. Ganz nebenbei: Will ich mit dem Apfelgerät Podcast bzw. Musik hören oder streamen, geht auch das nicht problemlos. Auch da Wechsel des Tons von rechts nach links, etc.. Fast unglaublich.

Kleine Frage in die Runde:

Ergänzend eine kleine Frage in die Runde: Hat jemand normale Bluetooth-Kopfhörer? Funktioniert hören mit normalen Bluetooth-Kopfhörern störungsfrei? Oder gibt es auch dort das Problem, dass der Ton auf einer Seite mehr zu hören ist als auf der anderen? Und dies wechseln kann: Mal genau passend mittig, mal rechts und allmählich nach links wandernd oder umgekehrt? Ging das Koppeln problemlos oder musste auch das mehrfach wiederholt werden, weil nur nur eine, aber nicht beide Seiten gekoppelt wurden?

 

2 Smartphones und 1 Paar Hörgeräte

26 thoughts on “Smartphone-Turbulenzen

  1. Hallo Gabi
    Erschreckend wie ich finde, dass viele Smartphone Anbieter das nicht auf dem Schirm haben, dass Es Hörgeräte mit dieser funktion gibt.
    Als Frühchen mit Schwerhörichkeit finde ich so etwas eigentlich unmöglich aber es gibt auch nur 7% von uns mit Schwerhörikeit.

    Jammerschade das nur Apple diese ( sehr gute) Unterstützung anbietet wollte eigentlich nach 3 Jahren wechseln aber es ist halt sehr wichtig dass ich die Unterstützung habe. Telefoniere sehr gern, seit 5 Jahren möglich

    Mit freundlichen Grüßen
    Mona

    1. Sehr viele Android Smartphones haben sogar unter Einstellungen/Bedienungshilfen einen extra Menüpunkt, um Hörgeräte mit dem Smartphone zu koppeln. Nennt sich ASHA (wenn ich mich richtig erinnere…). Man kann dann eine App installieren, diese als Fernbedienung nutzen, aber eben nicht annähernd störungsfrei und akzeptabel telefonieren. Bzw. nur mit Premiumgeräten von Samsung oder Google. – Ein Unding!

      Apple hat gerade auch Sicherheitsupdates für ältere iPhones herausgebracht, u.a. auch für iOS 15, damit läuft sogar noch das iPhone 6s aus dem Jahr 2015. D.h., das Apfelphone kannst du noch recht lange nutzen. Telefonieren per Bluetooth und Hörgeräte funktioniert gut ab den Apfelphones ab 2019 aufwärts, also iPhone 11 oder neuer.

  2. Bluetooth-Kopfhörer: Ich nutze mehrere, In-Ears von JBL für meine Roku Box (fürs TV, damit ich abends/nachts meine Nachbarn nicht störe). Sony In Ears mit Verbindungskabel zwischen den kleinen Lautsprechern (aber kein Kabel zum Smartphone, da geht es nur über Bluetooth) und ein weiteres Paar einer Marke, die ich bisher nur beim Höllenfürsten Bezos gefunden habe, ebenfalls untereinander kabelgekoppelt, fürs Smartphone. Warum ich so viele habe? Meine Ohren vertragen mal diese, mal jene Gummistöpsel besser, ich wechsele da relativ oft. Die Höllenfürst-Kopfhörer kann ich auch sehr problemlos mit der TV-Box koppeln, wenn die Nur-In-Ears mal wieder Anstalten machen, öfter rauszufallen. Meine Ohrlöcher sind wie breite, gerade Tunnel, sagt mein Ohrenarzt, da hält nicht immer alles. Ich bin sozusagen noch in der Findungsphase, welches Modell mal mein allerendgültigstes wird. Es ist aber jedes Mal eine Lernkurve, bis ich so ein Gerätchen im Griff und sicher mit dem Smartphone (Android) gekoppelt habe.

    1. Bei mir ist es genau umgekehrt. Gehörgänge sind sehr schmal. Ich wundere mich aber auch immer wieder, dass solche kabellosen Miniohrhörer überhaupt bei vielen Leuten halten. Diese Geräte schreien ja förmlich danach verloren zu gehen.

  3. Einerseits bin ich ja überrascht, was moderne Hörgeräte so können, andererseits schockiert, dass dann die Technologie (die ja bei Bluetooth-Kopfhörern seit Jahren problemlos funktioniert) so hakelig umgesetzt ist. Angesichts der wachsenden Dauernutzung an Kopfhörern rechnet man ja mit immer mehr Höhrschäden. Und bei einer leider wachsenden Zielgruppe wird man das dann hoffentlich bald zu Ende entwickelt haben. Du musst dich wohl nur noch ein bisschen gedulden 😉

    1. Daran habe ich auch schon gedacht. 😂👍 Wenn die jahrelangen Kopfhörer-Dauernutzer erstmal schwerhörig sind, wird sich da sicherlich sehr viel schneller etwas ändern.
      Puh, gut, dass es diese Technik früher noch nicht gab. Das wäre der Hör-Supergau für mich gewesen. Der erste Walkman kam erst auf, als ich schon erwachsen war – Glück gehabt.

  4. Hallo Gabi,
    schön, dass du erst einmal überhaupt eine Lösung für dich gefunden hast.
    Ich denke auch, dass Hörgeräte und Bluetoothkompartibilität nicht sonderlich ausgereift sind, weil es „kaum jemand“ nutzt. Wäre damit ein Aktiengewinn zu erzielen, wäre das Problem längst gelöst. (Ich bezweifle, dass es am fehlenden Know-How liegt.)
    Zu deiner Frage: Ich habe ein Apfeltelefon 😅 und die Ohrhörer von gleichen Fabrikat. Funktioniert einwandfrei. Ich brauchte nicht mal etwas einrichten. Ist bei Apfels wohl meistens so, nur mit Fremdsystemen fremdeln die oft.
    Liebe Grüße, Sibylle

    1. Es ist halt ein Smartphonehersteller und ein Betriebssystem, das machts in dem Punkt vermutlich einfacher. Mit dem Aktiengewinn triffst du den Nagel aber gut auf den Kopf.

  5. Hallo Gabi,

    ich glaube, dass es bei den Android-geräten nicht mit der Qualität zu tun hat. Wenn die Kompatibilität mit Android bei den Hörgeräten so gut wie nicht gegeben ist, liegt das mutmaßlich an den Herstellern der Hörgeräte. Offenbar lohnt es sich nicht, die anderen Geräte zu supporten.

    Mich freut, dass du dennoch ein einigermaßen günstiges Gerät gefunden hast.

    Zu deiner Frage:

    Ich nutze auf meinem Google Pixel 6 ein alternatives Betriebsystem und habe mir vor kurzem ein neues Paar Bluetooth In-Ohr-Kopfhörer gekauft. Klappt einwandfrei. 😉

    Liebe Grüße
    Daniel

        1. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, ruckelt es derzeit etwas bei Updates. Personalweggang bei CalyxOS, bei Graphene ähnlich. Aber super gut, dass es solche Alternativen gibt! Ich müsste für Hörgerätenutzung mindestens Pixel 8 nehmen, 8a und früher läuft nicht. Ich warte einfach mal ab und hoffe auf bessere Zeiten.

          1. Google Handies gehen für mich gar nicht. Da könnte der Spion trotz gegenteiliger Beteuerungen schon in der Hardware sitzen, nicht unbedingt heute aber morgen..vielleicht der KI-Chip, der im Hintergrund „architekturbedingt“ mithört….

          2. @Torsten
            Apple ist da nicht besser und zudem auch schwerer zu überprüfen.
            Wenn man kein Profi ist hilft leider oft nur vertrauen, und bei den Großen Google, Apple, Meta, Musk, … habe ich das leider nicht

          3. Es gibt diverse Hinweise, dass Apple bzgl. Datenschutz nicht viel besser da steht. Z.B. hier: https://www.kuketz-blog.de/sind-iphones-wirklich-besser-fuer-die-privatsphaere-studie-von-ios-und-android-apps/
            Oder hier:
            https://www.kuketz-blog.de/datenschutz-und-sicherheit-android-vs-ios-teil2/
            Und über Samsung ließe sich auch vieles finden (vermutlich über die anderen Hersteller auch), z.B. das hier: https://www.deutschlandfunk.de/inside-korea-samsung-1-3-vom-gemischtwarenladen-zum-100.html

            Ernsthafte europäische Alternative mit unabhängigem Betriebssystem ist schwierig. -Es ist daher die Frage, was für einen selbst das kleinste Übel ist. Ich bin kein Freak, will auch banal telefonieren können. Man kann nur selbst jedes Gerät durchforsten und alles, was man nicht will, deaktivieren oder löschen

          4. Na, im Gegensatz zu einigen anderen Geräten sind die Google-Geräte ziemlich unkompliziert rootbar. Letztlich geht es ja hier um Kontrolle, bzw. das Maß an Kontrolle, dass ich über das Gerät habe. Ein Smartphone mit vorinstalliertem Betriebssysteme ist nahezu vollständige Kontrollabgabe an „die Großen“.

            Die verbaute Hardware ist tatsächlich ein Aspekt. Das betrifft allerdings alles, was sich ins Internet einwählt.

            Bei der Software wissen wir auf jeden Fall, dass dort allemöglichen Daten gesammelt und weitergegeben werden, das ist kein Geheimnis. Und in diesem Zusammenhang bin ich mir sicher, dass wir relativ schnell herausfinden werden, wer da Schmuh treibt.

            Zudem: warum sollte Google Spyhardware verbauen und Probleme riskieren, wenn wir das doch alles freiwillig hergeben? 😀

    1. Weiß der Henker woran es liegt, vielleicht auch stärkere Hardware. Es müssen ja nicht nur 1:1 Töne übertragen werden wie beim Kopfhörer, sondern die unterschiedlichen Frequenzen in unterschiedlichen Lautstärken. Tiefe Töne höre ich z.B. noch recht gut. Mittlere Töne so lala, höhere Töne fast gar nicht.

  6. Hallo Gabi,
    ganz ehrlich finde ich es auch unfassbar, dass es bei Android-Smartphones nicht funktionieren soll. Vielleicht liegt es daran, dass in billigeren Android-Smartphones minderwertigere Komponenten verbaut werden.
    Ich nutze normale Bluetooth-Kopfhörer regelmäßig. Normalerweise ist auf beiden Kopfhörern der gleiche Sound, allerdings gibt es doch auch die Möglichkeit, je nach Klangqualität, dass man z. B. bei einem Hörbuch ein fahrendes Auto von links nach rechts hört. Ich hoffe, ich habe mich einigermaßen verständlich ausgedrückt.
    Mit Koppeln hatte ich noch nie Probleme. Sollte allerdings der Akkustand der Kopfhörer zu niedrig sein, kommt es zu Verbindungsabbrüchen. Das fängt meist bei einem Kopfhörer an.

    1. Danke für die Infos! Fast habe ich mir sowas gedacht…

      Es könnte ja auch evtl. einiges an Stereo liegen. Um das nicht zu verwechseln, habe ich aber ohnehin Mono-Audio eingestellt. Das verstehe ich vom Klang her auch besser.

      Bzgl. Billig-Androids: Das wird eine gewisse Rolle spielen, aber leider nicht nur. Kann man hier sehen: Kompatiblitäts-Checker (ist leider nur von einer bestimmten Hörgerätefirma, bei anderen Firmen habe ich sowas nicht gefunden): https://www.bernafon.de/support/compatibility-guide
      Bei Apfelphones läufts problemlos auch erst bei Geräten ab 2019.

    1. Vermutlich wird diese Funktion bislang zu wenig genutzt. Ich hatte die ersten Hörgeräte mit 52 Jahre. Das Gehör baut normalerweise aber erst ab dem 60. Lebensjahr ab, die meisten Leute sind also deutlich älter. Allerdings nutzen inzwischen allerdings auch ältere Leute Smartphones. Warum die es nicht stört bzw. ob die nicht über Bluetooth telefonieren? Und es gibt doch auch etliche Jüngere mit Hörgeräten. Irgendwie verstehe ich es auch nicht.

      1. Der Smartphone-Lautsprecher ist an, das Gerät wird einen halben Meter vors Gesicht gehalten und dann hemmungslos reingebrüllt. So erlebe ich es täglich, im Supermarkt, auch im Zug oder Bus. Das „Hörgerät“ ist das Smartphone selbst.

        1. Oh, wunderbares Sprachspiel – das Smartphone als „Hörgerät“.

          Rumbrülllerei kenne ich auch. Telefonieren über Freispechfunktion in der Wartezone an der Kasse war das Heftigste 🙄 😩

          Die Sprachsteuerung lässt sich bei Android und iOS auch deaktivieren. Sonst sind diese Geräte nämlich tatsächlich ständig auf Empfang, um aus dem Gesagten den entsprechenden Befehl rauszuhören. 😵‍💫 Sowas lässt sich natürlich leicht als eine Art Wanze nutzen.

          Wenn man nicht gerade sehbehindert oder blind ist, sollte man das wirklich ausschalten. Bei Android: Üblicherweise unter Bedienungshilfen, Talkback. Bei iOS über Bildschirmzeit, Beschränkungen.

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